Kuhmilch - Nutzen oder Schaden für die Menschheit

© Marie-Luise Stettler, 2001

3. Die Erzeugung der Milch:

Für mich ist die logische Folge, dass jede Kuh, entsprechend des Alters ihres Kalbes, eine spezifische Zusammensetzung ihrer Milch hat. Ein neugeborenes Kalb braucht eine andere Milch als ein Kalb, das ein paar Monate alt ist. Und vielleicht hat ja auch jede Kuh eine spezielle Milch, je nach Rasse. Ich kann mich erinnern, dass mein Onkel in seinem Stall eine dänische Vollfettkuh stehen hatte, wahrscheinlich, um den Fettgehalt seiner Milch aufzuwerten, denn der Milchpreis war nicht zuletzt auch vom Fettgehalt der Milch abhängig. Heute werden die Rassen in Richtung Hochleistung gezüchtet, so dass die Kuh tatsächlich am Ende ein Einheitstier ist, das nur noch auf Produktion getrimmt wird.
Ähnlich wie bei den Blutgruppen des Menschen ist es ausserdem vorstellbar, dass die einzelnen Gruppen der Milch nicht miteinander harmonieren. Wenn der Bauer 10 oder 15 Kühe besitzt, gibt er schon einen Cocktail aus verschiedenen Eiweiss- und Fett-Zusammensetzungen ab.
Und dann kommt ja auch noch das Futter ins Spiel. Die eine Kuh frisst viel frisches Gras, eventuell noch von sehr sonnigen Hängen, die andere Kuh sieht die Sonne nie und bekommt nur Silofutter. Dazu kommt das Kraftfutter, das mit hoher Wahrscheinlichkeit den meisten Kühen gefüttert wird. Die Zusammensetzung des Kraftfutters ist ja ohnehin mehr als fraglich. Es sind dort Weizen, Gerste, Sojaschrot, Tierkörperanteile, Futtermittel synthetischer und mikrobieller Herkunft enthalten. Die Hersteller des Kraftfutters werben mit einer höheren Milchausbeute. So werden schon die Tiere immer weniger mit Heu und Gras gefüttert, sondern erhalten immer mehr Futter aus der Retorte. Das alles schlägt sich sicher auch auf die Zusammensetzung der Bestandteile der Milch nieder.
Beim nächsten Bauern sieht es ganz genauso aus. Das bedeutet, dass allein im Tankwagen schon ein wildes Gemisch herrscht. Wie mag es dann erst in der Molkerei aussehen.
Um den Cocktail perfekt zu machen, kommen noch Arzneimittel und Hormone, die der Kuh verabreicht werden, Insektizide, um den Stall zu reinigen und Pestizide, mit denen das Grünfutter behandelt wird, dazu. Auch die Rückstände im Kraftfutter schlagen zu Buche. Man kann sicher davon ausgehen, dass die Bestandteile des Kraftfutters nicht aus biologischer Landwirtschaft stammen und es gibt auch keine Gewähr dafür, dass die Tierkörperteile untersucht sind. Erst die BSE-Krise hat das Bewusstsein geschärft, dass möglicherweise nicht untersuchte Tierteile im Kraftfutter landen und die Tiere damit angesteckt werden. Zu berücksichtigen sind ausserdem die Chemikalien und Desinfektionsmittel, mit denen die Melkmaschinen, Rohrsysteme und Tanks gereinigt werden, um modernen Hygienestandards zu genügen.

Wie grausam wir Menschen sein können, zeigt sich, wenn man einmal hinter die Kulissen eines milcherzeugenden Hofes schaut. Damit eine Kuh überhaupt Milch liefern kann, muss sie gekalbt haben. Direkt nach der Geburt, spätestens aber drei Tage später wird das Kalb dem Muttertier weggenommen und häufig sogar im selben Stall in ein kleines Verliess gesperrt. So können sich Mutter und Kind vielleicht sogar sehen und hören, aber sie sind getrennt. Das Kalb wird dann wohl anfänglich sogar mit der Milch des Muttertieres gefüttert, aber es trinkt seine Milch aus dem Eimer.
Man stelle sich dies einmal beim Menschen vor. Erst hat eine werdende Mutter ihr Kind 9 Monate unter dem Herzen getragen und dann wird es ihr direkt nach der Geburt weggenommen und in ein Bett gesperrt, unter Umständen sogar noch im selben Zimmer, und aus der Flasche ernährt. Die Mutter hört das Baby weinen, darf aber nicht zu ihm gehen und es aufnehmen. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen werden die meisten Kälber erst gar nicht grossgezogen, sondern die schwächsten von ihnen kommen schon bald in den Schlachthof, um Tierfutter und Lab aus ihnen herzustellen. Einige weibliche Tiere sind dazu ausersehen, wieder das Dasein als Milchkuh zu fristen. Andere Kälber werden nach 1 bis 2 Wochen an Fleischproduzenten verkauft, wo sie dann ein mehr als armseliges Leben fristen, bis sie im Alter von 3 bis 5 Monaten geschlachtet werden. Bis dahin werden sie in kleinen Verschlägen gehalten, in denen sie sich nicht umdrehen können oder auch nur ein paar Schritte gehen können. Die einzige Nahrung für die Kälber besteht aus flüssigem Futter ohne Eisen und Ballaststoffe, um ein helles, weisses Fleisch zu erhalten.
Damit die Milchproduktion bei der Kuh erhalten bleibt, wird sie nach kurzer Zeit, nachdem sie geworfen hat, wieder gedeckt. Ich habe es schon erlebt, dass eine Kuh, die nach dem dritten Versuch sie zu decken nicht trächtig war, als Milchkuh nutzlos wurde und zum Schlachten angemeldet wurde. Das Tier hat also nur solange einen Wert, wie es Milch gibt, und anschliessend wird es "entsorgt".

Um die Milchproduktion zu erhöhen wird die Milchkuh mit Eiweisskonzentraten gefüttert. Die Kuh ist häufig gezwungen, ihr eigenes Fettgewebe zu verbrauchen. Dies führt zu Acidose, die zu Lähmungen führen kann. 25% unserer Milchkühe leiden an Lahmheit. Die natürliche Lebenszeit der Kuh liegt bei 20 Jahren, die meisten Kühe haben bei uns nach 5 Jahren ausgedient und werden geschlachtet. 80 % unseres Rindfleisches sind ein Nebenprodukt der Milchindustrie.

 

« zurück   |    Inhaltsverzeichnis   |    weiter »